Bijela gora (deutsch: Weißes Gebirge) ist ein 90 km² großes Hochplateau im Orjen-Gebirge im Grenzgebiet von Montenegro zu Bosnien und Herzegowina. Es liegt auf einer Höhe von 1200 bis 1500 m über dem Meeresspiegel. Die Bijela gora wird durchgehend von den bis 350 m hohen und sehr steilen 17 km langen alpinen Graten der Pazua (1656 m), Reovačka greda (1789 m) und Jastrebica (1862 m) nach Süden begrenzt. Nach Norden und Osten endet die Bijela gora an den Einebnungen der Poljen von Grahovo und Dragalj.

Bedeutende glaziale Ablagerungen und weitläufige Hochwälder mit steilen Karstwänden des Orjens machen die Bijela gora zu einem beliebten Jagd- und Wandergebiet.

Geomorphologie

Die Bijela gora ist ein weitläufiges, glazial überformtes Karsthochplateau und Typlokalität der Landschaftsform des Glaziokarstes. Während der Eiszeit entwickelte sich auf der Bijela gora ein zusammenhängender Plateaugletscher von ca. 50 km² Fläche. Neben zwei glazialen Loben waren auf der Nord- und Ostseite vier weitere Gletscherzungen entwickelt, die bis an die Poljen von Grahovo und Dragalj reichten. Ein Gletscher mit Ursprung in der Pazua reichte sogar in das Polje von Dragalj hinein. Als erster beschrieb Jovan Cvijić die riesigen Moränenablagerungen dieses ehemaligen Gletschers:

Durch die mehrfachen Vereisungen während des Pleistozäns sind von den Hauptkämmen der Bijela gora zum Rand des Hochplateaus mehrere Serien gestaffelter Endmoränen abgelagert worden. Die größten und am tiefsten liegenden korrelieren dabei mit der Vereisungsperiode im mittleren Pleistozän (MIS 12, 480–430 ka). Während dieser Phase erreichte die Eismächtigkeit 400 m, was einer absoluten Höhe der Eisoberfläche von ca. 1900 m entspricht. Diese Eiskappe überdeckte mit 1900 m selbst die höchsten Grate der Bijela gora und des Orjens und nur einzelne, heute als Horn gebildete Gipfel, ragten als Nunatak aus dem Eismeer heraus. Zwischen den Tälern bildeten sich so in dieser Vereisungsphase Transfluenzen in der sich das Eis über die einzelnen Talschlüsse hinüberweg bewegte. Diese Wirkung ist heute insbesondere über den Einschnitt zwischen dem Vučji zub und der Velika Jastrebica sowie im Orjensko sedlo südlich des Zubački kabao als deutlich sichtbare Transfluenzpässe zu beobachten. Da das Nährgebiete bei der Plateau-Vereisung nicht mehr nur aus einzelnen Karen erfolgte, fungierten die heutigen großen wannenförmigen Vertiefungen der Bijela gora als Hauptnährgebiete für die großen Eisloben, die sich als Piedmont-Gletscher bis in die Poljen von Grahovo und Dvrsno hinabbewegten. Sie sind heute als glaziale Depressionen in weiten Teilen der Bijela gora markante Erscheinungsformen wie insbesondere unterhalb des Reovačka greda Kamms im Borovi do (1425 m).

Auffällig sind in der Reliefevolution der Bijela gora der Zusammenhang zwischen glazialer und fluvioglazialer Erosion im Pleistozäns und den daraus entstandenen Sedimentakkumulationen der umgebenden Poljen von Grahovo und Dragalj. Hier wurden mächtige Akkumulationsdecken, die zu den bedeutenden Quartärsedimenten im Mittelmeergebiet gehören und hier auch die am besten konservierten Quartärsedimente des mittleren Pleistozäns stellen, abgelagert.

Tierbestand

Die einzigen Braunbären des Orjen-Gebirges haben in den Wäldern des Bijela gora überlebt. Gämsen sind auf den unzugänglichen Graten der Reovacka greda und Jastrebica zu beobachten. Im Winter stellen sich Steinadler ein.

Tourismus

Das Gebiet soll durch ein EU-gefördertes Projekt grenzüberschreitend für einen sanften Abenteuer-Tourismus erschlossen werden.

Literatur

  • Pavle Cikovac 2003: Soziologie und standortbedingte Verbreitung tannenreicher Wälder im Orjen-Gebirge (Montenegro). Diplomarbeit an der LMU, Departement für Geowissenschaften. (researchgate:PDF)
  • Radekno Lazarević: Grahovsko polje. In: Glasnik Srpskog Geografskog Društva 29, 1949, 2, ISSN 0350-3593, S. 143–146.
  • Miroslav Marković: Geomorphological evolution and neotectonics of the Orijen Mountains. Belgrad 1973, (Universität Belgrad, Dissertation), (serbokroatisch).
  • Josip Ridjanović: Neue Beobachtungen über die Eiszeitwirkungen im Orjen-Gebirge (Jugoslawien). Geographisches Institut der Universität, Würzburg 1967, (Würzburger Geographische Arbeiten 20, ISSN 0510-9833).
  • Lubomir von Sawicki: Die eiszeitliche Vergletscherung des Orjen in Süddalmatien. In: Zeitschrift für Gletscherkunde 5, 1911, ZDB-ID 243658-9, S. 339–355.

Einzelnachweise


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